Wie funktioniert der Einkauf für große Infrastrukturprojekte? Im Interview erklärt Gerrit Olbert, wie er den Beschaffungsprozess für Korridor B organisiert. Außerdem spricht er über Synergien zwischen Projekten und innovative Vertragsmodelle.

GERRIT, FÜR KORRIDOR B MÜSSEN ZAHLREICHE KOMPONENTEN UND DIENSTLEISTUNGEN BESCHAFFT WERDEN. ALS EINKAUFSLEITER IM PROJEKT LÄUFT JEDE BEAUFTRAGUNG ÜBER DICH. WIE GENAU GEHST DU VOR?

Portrait von Gerrit Olbert

Jeder größere Beschaffungsprozess ist ein Zusammenspiel von vielen Parteien. Im ersten Schritt kläre ich mit dem Korridor-B-Projektteam, wann wir welche Komponenten in welchem Umfang benötigen. Anschließend stelle ich den geplanten Einkauf im Unternehmen vor und koordiniere die Bereitstellung der nötigen Unterlagen für die Ausschreibung. Dabei gilt es, sowohl technische als auch wirtschaftliche Anforderungen zu erfüllen – und nicht immer ist es einfach, beides in Einklang zu bringen. Nachdem die Angebote eingegangen sind, unterstütze ich bei großen Vergaben auch die Verhandlungen, die oft mehrere Monate dauern. Die Herausforderung dabei: Projekte haben oft einen engen Zeitrahmen, während wir andererseits genug Zeit brauchen, um mit den Lieferanten verhandeln zu können. Daher planen wir im Einkauf grundsätzlich so langfristig wie möglich, welche Teile und Dienstleistungen wir für ein Projekt benötigen. Ziel ist es, möglichst früh die nötigen Ressourcen zu sichern.

ALLE EINKÄUFE WERDEN ALSO VON EINER ZENTRALEN STELLE IM UNTERNEHMEN ORGANISISERT. WARUM IST DAS BESSER, ALS JEDES PROJEKT SEINE EIGENEN KOMPONENTEN BESTELLEN ZU LASSEN?

Ein großer Vorteil ist, dass wir Synergien besser nutzen können – denn wir haben bei Amprion viele große Projekte mit ähnlichen Bedarfen. Anstatt also jedes Jahr einzelne Aufträge zu vergeben oder im schlimmsten Fall sogar Projekte zu haben, die sich gegenseitig überbieten, können wir strategischer vorgehen. Wenn wir die Bedarfe in einer Ausschreibung bündeln, können sowohl wir als auch die Lieferanten langfristiger planen. Weniger Ausschreibungen mit größeren Mengen führen oft dazu, dass mehr Lieferanten Angebote machen.

BEI DER VERGABE DER TIEFBAUARBEITEN IST EIN NEUES VERTRAGSMODELL ZUM TRAGEN GEKOMMEN, DAS NACH DEM SOGENANNTEN BONUS-MALUS-PRINZIP VORGEHT. WAS GENAU BEDEUTET DAS?

Das Bonus-Malus-Prinzip ist eine Methode, um Projekte besser zu managen. Wenn die Baufirma das Projekt schneller oder günstiger fertigstellt, bekommt sie dafür eine Belohnung. Treten hingegen während des Projekts zusätzliche Kosten oder Verzögerungen auf, müssen diese nicht nur von Amprion getragen werden. Auch die Baufirma muss ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Diese Methode sorgt dafür, dass beide Seiten motiviert sind, das Projekt so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Gerade bei Tiefbauarbeiten kann das sehr hilfreich sein, weil die Planung erfahrungsgemäß öfter angepasst werden muss – zum Beispiel, wenn Kampfmittel aus den Weltkriegen im Boden gefunden werden.

Gerrit Olbert ist seit August 2024 als Einkaufsleiter für Korridor B tätig.

Weiterführende Informationen

  • Tiefbau für Korridor B
    News

Interview von Lisa-Shirin Raja, veröffentlicht am 26. Februar 2025