Auf dem Streckenverlauf von Korridor B gibt es Hindernisse, die mit einem sogenannten geschlossenen Bauverfahren unterquert werden. Wann ein Tunnel gebaut werden muss und wie die Arbeiten ablaufen, erklärt Thomas Hüging im Interview.

Portrait von Thomas Hüging

THOMAS, DU BIST IM KORRIDOR-B-TEAM DER EXPERTE FÜR TUNNEL. WAS ABER HAT EIN ERDKABEL ÜBERHAUPT MIT EINEM TUNNEL ZU TUN?

Ganz einfach: Auf dem Streckenverlauf von Korridor B gibt es Hindernisse wie beispielsweise die Elbe oder die Weser, die wir nur in geschlossener Bauweise queren können. Dort, wo wir lange Strecken oder spezielle Stellen unterqueren müssen, bauen wir einen Tunnel.

ES GIBT VERSCHIEDENE VERFAHREN FÜR DEN GESCHLOSSENEN BAU. WARUM PLANT AMPRION AN DER ELBE EINEN TUNNEL UND NUTZT NICHT DAS SOGENANNTE HDD-VERFAHREN?

Die Elbe ist an der Stelle, die wir queren müssen, über drei Kilometer breit. Mit den Deichen kommen wir sogar auf eine Strecke von über fünf Kilometern, die wir am besten mit einem Tunnel überwinden können. Die technische Grenze für eine HDD-Bohrung liegt zwischen 1.000 und 1.500 Metern. Daher ist dieses Verfahren ausgeschlossen.

WIE VIELE TUNNEL WIRD ES AUF DER GESAMTSTRECKE VON KORRIDOR B VORAUSSICHTLICH GEBEN?

Um die Weser zu queren, werden wir einen ähnlichen Tunnel wie an der Elbe bauen. Wir werden also definitiv zwei große Tunnel mit über einem Kilometer Länge bauen. Was ansonsten auf der Trasse kommen wird, ist aktuell noch schwer zu sagen.

WIE WIRD EIN TUNNEL GEBAUT UND WELCHE HERAUSFORDERUNGEN GIBT ES?

Der Vortrieb erfolgt mit einer Vollschnittmaschine. Unmittelbar hinter der Maschine wird der Tunnel mit sogenannten Tübbingsteinen ausgebaut. Es wird immer genau so viel Boden von der Vortriebsmaschine abgebaut, wie durch das Tunnelvolumen verdrängt wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es zu keinerlei Setzungen an der Tagesoberfläche kommen kann. Eine Herausforderung ist die sehr anspruchsvolle Geologie unter der Elbe. Der Vortrieb erfolgt in nicht standfesten Böden. Die Tiefe der Elbe, der Ankerwurf großer Frachtschiffe sowie eine mögliche weitere Elbvertiefung zwingen uns, den Tunnel bis zu 35 Meter unter dem Wasserspiegel zu planen. Die Geologie in dieser Tiefe ist vom Grundwasser durchströmt. Dies ist eine weitere Herausforderung für den Tunnelbau und die eingesetzte Maschinentechnik.

Wie der Tunnelbau für die Elbquerung abläuft, ist im Film erklärt:

WIE WIRD DAS FERTIGE BAUWERK AUSSEHEN?

An der Elbe planen wir einen rund fünf Kilometer langen Tunnel mit einem Nutzdurchmesser von vier Metern. Über oberirdische Bauwerke werden die Kabel der Landtrasse auf schleswig-holsteinischer Seite in den Tunnel ein- und auf niedersächsischer Seite wieder herausgeführt. Daneben wird es in den Bauwerken eine Lüfteranlage geben. Sie transportiert die Wärme, die durch den Betrieb der Kabel entsteht, aus dem Tunnel.

WARUM GIBT ES AN DER ELBE BEREITS FESTGELEGTE QUERUNGSPUNKTE FÜR KORRIDOR B?

Der Gesetzgeber gibt für ElbB – so nennen wir die Elbquerung – vor, wo genau wir mit Korridor B den Fluss queren sollen. In der Vergangenheit wurde der Raum im Zuge eines ähnlichen Tunnelbaus bereits sehr intensiv untersucht – mit dem Ergebnis, dass die Elbe an dieser Stelle am besten zu queren ist.

WAS BEREITET DIR AN DEINER ARBEIT BESONDERE FREUDE?

Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon einige Tunnel gebaut. Es ist immer wieder ein Erfolg, wenn wir auf der Baustelle mit einer Bohrung über große Längen genau unser Ziel treffen. Die Querung der Elbe mit Korridor B ist mit ihren natürlichen Voraussetzungen schon die Königsklasse im Tunnelbau.

WANN HAST DU DEINEN JOB GUT GEMACHT, THOMAS?

Ich sehe mich als Projektleiter für den Gesamterfolg verantwortlich. Das heißt für mich auch, dass ich gemeinsam mit Florian Zettel als zuständigem Projektsprecher ständig in Kontakt mit den Menschen vor Ort bin. Darüber hinaus habe ich meinen Job gut gemacht, wenn die Querung der Elbe fristgerecht bis Anfang der 2030er Jahre und damit bis zu meinem Ruhestand fertiggestellt ist.

Thomas Hüging hat 29 Jahre Erfahrung im Spezialtief- und Tunnelbau gesammelt. Seit Anfang 2022 ist er bei Amprion als Projektleiter für die Elbquerung von Korridor B tätig.

Weiterführende Informationen

Interview von Afra Otto und Lisa-Shirin Raja, veröffentlicht am 23. April 2024