Norddeutsche Bundesländer blicken anders auf energiepolitische Themen als NRW, Hessen oder Bayern. Warum das so ist, erklärt Laura Friedrich, Referentin für Landespolitik in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

SCHLESWIG-HOLSTEIN UND DER GRÖSSTE TEIL VON NIEDERSACHSEN LIEGEN AUSSERHALB DES NETZGEBIETES VON AMPRION. WARUM IST DER AUSTAUSCH MIT POLITISCHEN VERTRETERINNEN UND VERTRETERN DER BEIDEN BUNDESLÄNDER DENNOCH WICHTIG?

Um den auf See erzeugten Windstrom an Land zu holen, bauen wir zurzeit mehrere Offshore-Netzanschlüsse und verbinden diese mit unserem Übertragungsnetz. Die dafür notwendigen Energiekorridore führen auch durch Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Planung und Bau sowie der spätere Betrieb der Systeme können nur in Kooperation mit der Landespolitik funktionieren. Die anderen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland sind schon länger in den beiden Bundesländern präsent, wir von Amprion haben einiges aufzuholen. Bisher waren wir hauptsächlich projekt- und anlassbezogen vor Ort. Das wollen wir nun ändern und eine stabile Basis für eine langfristig vertrauensvolle Zusammenarbeit aufbauen.

INWIEFERN UNTERSCHEIDEN SICH SCHLESWIG-HOLSTEIN UND NIEDERSACHSEN VON DEN BUNDESLÄNDERN IN DER AMPRION-REGELZONE?

Es gibt strukturelle Unterschiede, die sich auch in der Positionierung widerspiegeln. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen steht die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien im Vordergrund. In industriestarken Ländern wie Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Bayern geht es mehr um den Energieverbrauch. Entsprechend blicken Schleswig-Holstein und Niedersachsen als „Erzeugungsländer“ anders auf Themen wie Netzentgelte und Strompreiszone als die Länder im Süden, die eher die Position der Verbraucher einnehmen.

WIE HAST DU DIE ARBEIT FÜR KORRIDOR B BIS JETZT ERLEBT?

Ich erlebe Korridor B als ein höchst spannendes Projekt der Superlative: Es geht um zwei Vorhaben mit vier Start- und Endpunkten, rund 700 Trassenkilometer und vier Bundesländer. Damit ist Korridor B ein wichtiger Baustein der Energiewende für den Transport von Windstrom.

WO SIEHST DU DIE GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN IM NETZAUSBAU?

Ein großes Thema ist weiterhin die grundsätzliche Akzeptanz des Netzausbaus. Durch die Verlagerung der Stromerzeugung auf See und in die Küstenregionen werden zusätzliche Übertragungskapazitäten notwendig. Um die Akzeptanz für den Bau der Leitungen zu erhöhen und um Eingriffe zu minimieren, versuchen wir wo immer es geht, unsere Vorhaben zu bündeln – wie bei Korridor B. Nicht zuletzt wird es eine große Herausforderung, unsere Projekte so zu beschleunigen, wie es aktuell politisch gewünscht ist. Denn dafür benötigen wir unterschiedlichste Ressourcen wie Material, Dienstleistungen und Mitarbeitende, die zurzeit teilweise knapp bemessen sind.

Weiterführende Informationen

Interview von Florian Zettel , veröffentlicht am 9. Juli 2024